„Gruppe Freital“:
Deutliche Urteile, offene Fragen

Die jetzt verhangenen Haftstrafen sind ein deutliches Zeichen: Das Urteil des OLG Dresden bestätigt nach einjähriger Verhandlungszeit, dass eine rechtsterroristische Vereinigung am Werk war, die Todesopfer inkauf genommen hätte. Die umfangreiche Beweisaufnahme konnte den Beschuldigten eine Reihe von Sprengstoffanschlägen nachweisen. Auch am rassistischen Tathintergrund besteht meiner Auffassung nach kein Zweifel.

Aufgeklärt ist aber längst nicht alles: Mutmaßliche Kontakte der Gruppierung zu mehreren Polizeibeamten blieben in der Hauptverhandlung außen vor. Und aus den berüchtigten Chats, an denen die Verurteilten beteiligt waren, ergeben sich deutliche Hinweise auf ein viel größeres Umfeld – ein ausgedehntes Neonazi-Netzwerk, in das unter anderem auch die „Freie Kameradschaft Dresden“ eingespannt war. Hier erwarte ich weitere Anklagen gegen mögliche Unterstützer und Gehilfen.

Indes kann die juristische Aufarbeitung frühere Fehler nicht wettmachen – viel zu spät war der Fall dem Generalbundesanwalt übergeben worden. Man hätte viel eher einschreiten können: Noch bevor die Anschlagsserie der Gruppe begann, war einer der führenden Köpfe in der Presse namentlich als Anführer der Freitaler „Bürgerwehr“ identifiziert worden. Aber statt die rassistischen Umtriebe ernst zu nehmen, wurden sie vielfach und bis in sächsische Sicherheitsbehörden hinein als „asylkritisch“ verhätschelt.

Besorgniserregend ist, dass es sich bei der „Gruppe Freital“ bereits um die zweite rechtsterroristische Gruppe handelt, die in Sachsen aktiv wurde, seitdem der NSU aufgeflogen ist. Bereits vor gut zwei Jahren wurden Mitglieder der „Oldschool Society“ (OSS) verurteilt, die sich in Borna (Landkreis Leipzig) getroffen und Sprengstoffanschläge vorbereitet hatten. Trotzdem hat sich die Staatsregierung bis heute nicht für ein Gesamtkonzept zur Zurückdrängung der extremen Rechten und neonazistischer Gewalt eingesetzt. Gerade Sachsen hätte es bitter nötig.

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