„Die AfD will antifaschistisches Engagement verbieten“

Die AfD-Fraktion wollte heute im Sächsischen Landtag „die Antifa“ verbieten – ohne Erfolg. Hier meine Erwiderung:

„Eigentlich ist dieser ganze Antrag Quatsch. Formal-juristisch wie vor allem inhaltlich. Es war also zu überlegen, zu Beginn „Nazis raus!“ zu rufen, zu warten bis die AfD-Fraktion danach gegangen wäre und anschließend diesen Antrag kabarettistisch zu behandeln. Zuerst habe ich also noch gelacht, gelacht über so viel Unwissenheit und Dummheit.

Ich wollte die AfD heute schon fragen, warum sie nicht gleichzeitig auch die Streichung der ominösen Demogelder an die Antifa fordert. Schließlich wird durch AfD-Mitglieder und AfD-nahe Medien regelmäßig dieser Blödsinn verbreitet, weil diese unisono nicht in der Lage sind, Satire als solche zu erkennen. Aber: Das Agieren der AfD ist leider nicht zum Lachen!

Ich hätte mir auch das übliche Handeln der AfD als Vorbild nehmen können, indem ich den Ball zurückspiele und einfach frage: Warum fordert die AfD hier eigentlich nicht das sofortige Verbot aller Bewegungen, die „Ausländer raus!“ brüllen und die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl fordern? Stimmt, dann müsste sie ja ihr eigenes Verbot fordern. Dann müsste sie ja zugeben, dass diese Kräfte, mit denen sie paktiert, regelmäßig Straftaten in erheblichem Maß bis hin zu Mord und Terror begehen.

Ich könnte dann fragen: Wo bleibt die Forderung der AfD, dass keine öffentlichen Räume mehr an Rechtsextremisten vergeben werden? Stattdessen heult sie Krokodilstränen, wenn sie einmal nicht die gewünschten Räumlichkeiten bekommt. Aber genau auf dieses AfD-Niveau will ich mich nicht herabbegeben.

Dann habe ich nur noch mit dem Kopf geschüttelt beim Versuch, die Formulierungen der AfD in ihrem Änderungsantrag laut zu lesen. Diese sehr freie Interpretation von rechtlichen Vorgaben und der juristischen Rahmenbedingungen lässt selbst mich als Nichtjuristin am Rechtsverständnis der AfD völlig verzweifeln.

Aber auch ein rein formales Abarbeiten der juristischen Mängel des AfD-Antrags wird ihm in seiner Unverschämtheit nicht gerecht. Denn was will die AfD eigentlich? Sie will antifaschistisches Engagement verbieten! Und dafür wird alles in einen Topf geworfen, umgerührt und durchgemengt. Und so wird dann nach typischer AfD-Manier aus Po-Backen plötzlich Kuchen-Backen.

Aus der „Antifaschistischen Aktion“ wird zunächst die Antifa, dann das Konstrukt Antifa-Gruppierung, im Änderungsantrag im Plural dann Antifa-Gruppierungen – Ja, was denn nun? Und dann wird das alles noch auf „Linksextremisten“ insgesamt ausgedehnt, aber daran will ich mich nun wirklich nicht abarbeiten, denn damit wird alles noch konfuser im AfD-Antrag.

Aber zurück zur „Antifaschistischen Aktion“ in diesem Antrag. Aus gutem Grund bezweifele ich das historische Wissen der AfD. Ich bezweifele, dass bei ihr Wissen über die 1932 ins Leben gerufene „Antifaschistische Aktion“ vorhanden ist, an deren Kongress im Juli 1932 1.550 Delegierte teilnahmen. Ich bezweifele, dass die AfD deren Programm kennt. Und ich bezweifele, dass die Antragsteller wissen, wie viele der Aktiven der „Antifaschistischen Aktion“ ins KZ verschleppt, erschlagen oder zu Tode gefoltert worden sind. Diese Aktiven, das waren Kommunisten, Sozialisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter und Parteilose. Es waren Antifaschistinnen und Antifaschisten. Und leider hatte ihr antifaschistisches Handeln keinen Erfolg.

Ich bezweifele nicht zuletzt, dass die AfD überhaupt weiß, was Antifaschismus ist. Sogar das Landesamt für Verfassungsschutz, das wahrlich nicht für seine begriffliche Feinheit bekannt ist, ist in diesem Punkt differenzierter als die AfD. In dessen aktuellen Bericht heißt es dazu: „Der Begriff ‚Antifaschismus‘ wird auch von Demokraten verwendet, um ihre Ablehnung des Rechtsextremismus zum Ausdruck zu bringen. Mehrheitlich nehmen jedoch Linksextremisten diesen Begriff für sich in Anspruch.“ Zitatende Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen. Kein Wunder, dass der Geheimdienst über Personalmangel klagt, wenn er mit solchen Zählaktionen beschäftigt ist.

Das geht auch knapper und trotzdem präziser. Dr. Steffen Kailitz vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung, beide des Linksextremismus wahrlich unverdächtig, erklärte vergangenen Woche im mdr: „Antifaschismus ist nicht problematisch.“ Punkt. Nun mag sogar der Wissenschaftler Kailitz der AfD zu links sein.

Also will ich auch noch den AfD-Verbündeten Matteo Salvini zitieren. Am 25. April, dem Jahrestag der Befreiung vom Faschismus, der in Italien natürlich Feiertag ist, antwortete er auf die Frage, ob der Antifaschismus für ihn nach wie vor ein Grundwert der italienischen Demokratie sei, mit einem einfachen „Ja“. Mehr muss man dazu eigentlich auch nicht sagen.

Ich möchte trotzdem Matteo Salvini nicht das letzte Wort lassen, sondern den renommierten deutschen Verfassungsrechtler Prof. Helmut Ridder – zu seinen Schülern zählt auch unser Bundespräsident Frank Walter Steinmeier zitieren: „Der Antifaschismus ist ein ‚Antianti’ismus‘. Denn der Faschismus, …, hat selbst keine Substanz, sondern ist: Negation. (…) Das heißt, der Antianti’ismus, der der Antifaschismus ist, kann doch nichts anderes tun, als sich zu den Positionen zu bekennen, die jeweils konkret vom Faschismus negiert werden, der in abstracto eben ‚nur‘ die Negation eines jeglichen humanitären, zivilisatorischen, sozialen und politischen Fortschritts ist.“

Ja, Antifaschismus ist Kampf für humanitären, zivilisatorischen, sozialen und politischen Fortschritt! Ich bekenne mich natürlich zu diesem Antifaschismus. Wer ihn verbieten will, will keinen humanitären, zivilisatorischen, sozialen und politischen Fortschritt! Wir als LINKE wollen diesen Fortschritt, deshalb lehnen wir selbstverständlich diesen Antrag ab!“

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