Das war Sachsen 2017:
Zahl der Neonazi-Konzerte verdoppelt

Die Zahl extrem rechter Musikveranstaltungen im Freistaat hat sich 2017 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt – und die Zahl neonazistischer Bandprojekte und „Liedermacher“ aus Sachsen ist auf ein neues Allzeithoch geklettert. Das ergibt sich aus aktuellen Landtagsanfragen zu Strukturen (hier im Originaltext) und Aktivitäten der extremen Rechten (zuletzt für Dezember), die ich regelmäßig stelle.

 


 

So viele Bands wie noch nie

Demnach gab es im vergangenen Jahr mindestens 46 Konzerte, Live-Auftritte bei Kundgebungen sowie „Liederabende“ der rechten Szene. Im Vorjahr waren es noch 23 solcher Veranstaltungen gewesen. Sachsenweit sind außerdem 42 Bandprojekte und „Liedermacher“ aktiv – zehn mehr als noch im Jahr 2016, das bereits ein Allzeithoch markiert hatte.

Allein zehn der braunen Musik-Events im vergangenen Jahr fanden – seit Jahren der Spitzenreiter – in Staupitz (bei Torgau) statt, vier in Weißwasser. Je drei Mal waren Riesa, Plauen, Aue und Pirna das Ziel, wo im Übrigen ein „Liederabend“ untersagt wurde.

 

Internationale Vernetzung

Offenbar kann die Szene in Sachsen ansonsten unbehelligt feiern und sich dabei immer stärker vernetzen. So zeigt sich am Beispiel des Konzertgeschäfts sehr deutlich die überregionale Kooperation: Besonders häufig standen Neonazi-Interpreten aus Brandenburg auf der Bühne. Nach Sachsen reisten aber auch Rechtsrock-Bands aus Italien, Frankreich, Spanien, der Schweiz, Finnland, der Ukraine, den USA und Großbritannien.

Zu befürchten ist jetzt, dass Sachsen im laufenden Jahr seine Rolle als Szene-Magnet noch vertiefen wird, etwa durch das für April angekündigte „Schild & Schwert“-Festival in Ostritz, wo mit einem braunen Großaufgebot zu rechnen ist.

 

Innenministerium hat (oder will) keine Gegenrezepte

Die Besorgnis erregende Entwicklung ist auch deswegen möglich, weil die Staatsregierung nicht genügend gegensteuert: Ein Gesamtkonzept zur Zurückdrängung der extremen Rechten fehlt unter dem neuen Innenminister genauso wie unter seinem Vorgänger.

Dabei hätte man gewarnt sein müssen. Denn die Aufwärts-Tendenz im Rechtsrockbereich hat sich bereits im vergangenen Jahr abgezeichnet.

 


Nach Aktivitäten (inklusive Konzerten) der extremen Rechten in Sachsen frage ich die Staatsregierung jeden Monat, nach zusätzlichen Informationen zu den Strukturen der Szene (inklusive Bands) jedes Jahr. Aus Gründen der „Geheimhaltung“ sind die Antworten in der Regel unvollständig.

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