Im vergangenen Jahr wurden mindestens 118 antisemitische Straftaten in Sachsen begangen – ein deutliches Plus von rund 30 Prozent zum Vorjahr. Das ergibt eine Auswertung von Parlaments-Anfragen, die ich regelmäßig an die Staatsregierung richte.
Hochburg ist Nordsachsen
Die Hälfte aller Taten entfällt demnach auf Dresden, Nordsachsen und Leipzig. Bezogen auf die EinwohnerInnenzahl sind die Städte Chemnitz und Dresden überdurchschnittlich stark belastet, am deutlichsten aber Nordsachsen.
Dort ist die Fallbelastung – mit deutlichem Abstand zu allen anderen Regionen – fast dreimal so hoch wie im Landesschnitt. Hier der Vergleich nach Fällen pro 100.000 EinwohnerInnen:
Auch Gewalttaten sind dabei
Bei den zugrunde liegenden Straftaten handelt es sich überwiegend um Propagandadelikte, beispielsweise judenfeindliche Parolen. Die Statistik verzeichnet aber auch auch elf Sachbeschädigungen und drei Körperverletzungen.
Die Zahlen sind nur vorläufig. Durch Nachmeldungen und neue Ermittlungsergebnisse werden sich die Werte erfahrungsgemäß noch erhöhen.
Fallzahlen auf hohem Niveau
Die Gesamtzahl antisemitischer Taten in Sachsen wächst schon eine Weile. Im Jahr 2012 waren es 51 Taten, das vorläufige Hoch wurde 2015 mit 120 Taten erreicht. In diesen Bereich wird jetzt wieder aufgeschlossen – auch im langfristigen Rückblick ist der jüngste zugleich der zweithöchste in Sachsen registrierte Wert.
Ein schlechtes Zeichen ist, dass das Fallaufkommen im Jahresverlauf noch zunahm, 40 Prozent aller Taten wurden im letzten Quartal begangen. Gut ist, dass die Zahl der Verurteilungen wegen antisemitischer Taten in Sachsen steigt, von lediglich sieben im Jahr 2014 auf zuletzt 25.
Taten fast immer mit rechter Motivation
Woher kommt der Hass? Wie schon in den Vorjahren ganz klar – von rechts. Nur zwei der Fälle werden ausdrücklich nicht dem Bereich der rechtsmotivierten Kriminalität zugerechnet, sondern dem Spektrum sogenannter „ausländischer“ bzw. „religiöser Ideologien“.
Freilich: Jeder Antisemitismus ist verachtenswert, wir finden ihn in allen Teilen der Gesellschaft. Die Straftaten-Statistik bildet daraus nur einen ganz kleinen Teilausschnitt ab. Auch deshalb, weil das Thema größer ist und alle angeht, braucht Sachsen einen Antisemitismus-Beauftragten.
Datengrundlage für diesen Beitrag sind Parlaments-Anfragen zu antisemitischen Taten, die ich jeden Monat an die Staatsregierung richte (hier nachlesbar). Die Zahlen sind vorläufig, weil noch Nachmeldungen eingehen; die Neuesten habe ich bereits berücksichtigt. Nach möglichen weiteren Taten, die nicht rechts-motiviert waren, habe ich gesondert nachgefragt.