Im vergangenen Jahr wurden sachsenweit 2.144 rechtsmotivierte Straftaten begangen. Das ergeben Zahlen des Innenministeriums, die ich regelmäßig abfrage. Die Auswertung zeigt auch, wie neue Hochburgen entstehen.
Zahlen weiter auf hohem Niveau
Das jüngste Fallaufkommen – knapp sechs Delikte pro Tag – ist gegenüber dem Vorjahr, in dem ein Allzeithoch erreicht wurde (2.468 Taten), um rund acht Prozent gesunken. Aber auf lange Sicht bewegt sich Sachsen immer noch auf einem außerordentlich hohen Niveau.
Zum Vergleich: Der seit dem Jahr 2001 erreichte Mittelwert liegt bei knapp 1.900 Fällen pro Jahr. Für Eine Entwarnung ist es also zu früh. Zwar zeigte sich im Verlauf des Jahres 2017 ein leicht abnehmender Trend. Er wird allerdings nicht vorhalten: Die Zahlen sind vorläufig und werden sich im Zuge von Nachmeldungen, die teils erst lange nach einer Tat eingehen, erfahrungsgemäß noch erhöhen.
Große regionale Unterschiede
Nach absoluten Fallzahlen sind die Städte Dresden (323) und Leipzig (222) obenauf, es folgt der Kreis Bautzen (204). Mehr als ein Drittel aller Taten wurden allein in diesen drei Regionen begangen.
Bezogen auf die Zahl der EinwohnerInnen ist die Fallhäufigkeit vor allem in Chemnitz mit 78 Taten pro 100.000 EinwohnerInnen, aber auch in Bautzen und Nordsachsen (je 67) außergewöhnlich hoch. Hier der Vergleich:
Lokale Hotspots
Es gibt positive Zeichen: Vor allem in der Sächsischen Schweiz-Osterzgebirge ist eine deutliche Entspannung eingetreten. Die Zahlen des Innenministeriums zeigen aber auch, wie sich neue Hochburgen herausbilden. So hat in den Kreisen Bautzen und Görlitz, der Stadt Chemnitz und vor allem im Landkreis Leipzig die Fallhäufigkeit im Vergleich zu den Vorjahren deutlich zugenommen.
Dort sind oft lokale Hotspots verantwortlich: Die hohen Werte im Landkreis Bautzen lassen sich weitgehend auf die Entwicklung in der Kreisstadt Bautzen zurückführen – allein dort gab es 93 Fälle, die Fallhäufigkeit beträgt fast das Vierfache des Sachsen-Schnitts. Im Landkreis Leipzig sind Grimma und Wurzen besonders auffällig. In Chemnitz wiederum schlägt eine anhaltende Neonazi-„Schmierwelle“ zu Buche.
Gewalttaten und Anschläge
Bei allen Taten wurden mindesten 72 Menschen verletzt, zwei davon schwer. Körperverletzungen sind die vierthäufigste Deliktart. Die meisten Angriffe richten sich gegen ausländische Personen, häufigstes Tatmotiv ist der polizeilichen Statistik zufolge Fremdenfeindlichkeit.
Außerdem wurden sieben Taten als Brandanschläge bewertet. Davon richteten sich vier gegen Asyleinrichtungen in Wurzen, Waldheim, Plauen und Meißen, zwei gegen Pkw in Chemnitz und Leipzig sowie einer gegen ein Parteibüro in Dresden.
Blinde Flecken
Für die Ursachensuche genügen die Kriminalzahlen alleine nicht. Es kommen lokale Faktoren hinzu, die Ausbreitung relativ neuer Deliktarten („Hasspostings“), aber auch ein verändertes Anzeigeverhalten. In die Statistik fließt ohnehin nur ein, was der Polizei bekannt und dementsprechend registriert wird.
Daneben gibt es ein erhebliches Dunkelfeld. Es wird durch Statistiken von Opferberatungsstellen wie der RAA Sachsen ausgeleuchtet.
Datengrundlage sind Angaben des Sächsischen Innenministeriums zur „Politisch-motivierten Kriminalität (PMK) – rechts“, die ich monatlich erfrage. Die Antworten können hier abgerufen werden. In die Auswertung bereits einbezogen wurden Nachmeldungen, die im Januar 2018 erfolgten. Zum Vergleich erfrage ich außerdem regelmäßig das Aufkommen linksmotivierter Straftaten, die Ergebnisse sind in der Parlamentsdokumentation des Sächsischen Landtages recherchierbar. Über die zugrundeliegende PMK-Statistik informiert die Bundeszentrale für politische Bildung.