Extreme Rechte in Sachsen: immer aggressiver und krimineller

Die extreme Rechte in Sachsen ist aggressiver und krimineller denn je – doch Gegenmaßnahmen greifen nicht hinreichend. Das zeigen die Ergebnisse einer Großen Anfrage (Parlaments-Drucksache 6/6532) der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag, deren Ergebnisse nunmehr vorliegen. Das sind die Kernaussagen, bezogen auf die Jahre 2011 bis einschließlich des ersten Halbjahres 2016:

 

  • Es wurden mehr als 10.000 rechtsmotivierte Straftaten begangen und rund 6.000 Tatverdächtige ermittelt. Wegen solcher Delikte ergingen 1.215 rechtskräftige Verurteilungen. Unter allen Taten sind auch 463 Körperverletzungen, ihr Anteil am Gesamtaufkommen steigt deutlich. Auch sonst sucht die extreme Rechte den Konflikt: Immer mehr Übergriffe richten sich gegen staatliche Einrichtungen, politische Gegnerinnen und Gegner sowie Asylunterkünfte.
  • Das Gesamtaufkommen rechtsmotivierter Straftaten hat sich ab dem Jahr 2015 deutlich erhöht, eine Trendwende ist nicht zu erwarten. Das Problem ist „hausgemacht“, auswärtige Tatverdächtige treten nicht gehäuft in Erscheinung. Es zeichnen sich klare regionale Schwerpunkte ab, u.a. die Städte Dresden, Leipzig sowie der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Dort existiert jeweils auch eine hochorganisierte rechte Szene.
  • Auf lange Sicht werden knapp 40 Prozent aller rechtsmotivierten Delikte polizeilich aufgeklärt. Die Aufklärungsquote steigt in letzter Zeit und hält mit der Deliktentwicklung Schritt – allerdings nicht überall. In einigen Regionen, insbesondere im Landkreis Leipzig, sind Ermittler über einen langen Zeitraum auffällig erfolglos.
  • Recht erfolglos ist auch die Kontrolle von Rechtsextremisten, die im Besitz waffenrechtlicher Erlaubnisse sind: Genau 100 solcher Personen hat sich Sachsens „Verfassungsschutz“ genauer angeschaut, aber nur in drei Fällen konnten die Erlaubnisse und ggf. auch Waffen erfolgreich entzogen werden. Zwischenzeitlich diskutierte Verbote dreier einschlägiger Gruppierungen – „Nationale Sozialisten Geithain“, „Terrorcrew Muldental“ sowie „Faust des Ostens“ – kamen nicht zustande. Stark ausgebaut ist derweil die Infrastruktur der rechten Szene, im Gesamtzeitraum standen ihr in ganz Sachsen 62 Objekte zur Nutzung zur Verfügung.

 

Zur Auswertung der Ergebnisse erklärt Kerstin Köditz, Sprecherin für antifaschistische Politik der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag:

„Bundesweit ist und bleibt der Freistaat Sachsen die Hochburg der extremen Rechten schlechthin. Das zeigt die Entwicklung entlang der Zahlen, die behördlich erfasst werden. Wir haben es seit mindestens zwei Jahren mit einer verschärften Gewaltdynamik zu tun. Sie steht am Ende einer längerfristigen Enthemmungs- und Radikalisierungskette. Es gilt jetzt, sie endlich zu brechen. Vor diesem Hintergrund sind die Staatsregierung und insbesondere Sachsens Innenminister Ulbig in der Pflicht, endlich ein Gesamtkonzept zur Zurückdrängung der extremen Rechten vorzulegen und wirksam einzuschreiten.“

 

Hintergrund:

Die Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag und ihre Abgeordneten erfragen regelmäßig und anlassbezogen die Kenntnisse der sächsischen Staatsregierung zur extremen Rechten. Seit mehreren Wahlperioden werden dazu auch Große Anfragen genutzt, so in den Jahren 2004 (Parlaments-Drucksache 3/10738), 2009 (Drucksache 4/14661) und 2011 (Drucksache 5/4956). Die neueste Anfrage (Drucksache 6/6532) betrifft den Zeitraum 2011 bis einschließlich des ersten Halbjahres 2016 und enthält 559 Einzelfragen. Die Antworten füllen mehr als 300 Seiten plus etliche Anlagen.

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