Zu den Ergebnissen der jüngsten „Sachsen-Monitor“-Umfrage erklärt Rico Gebhardt, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag:
Die Ergebnisse der neuesten Umfrage belegen ganz klar, dass die politische Kultur im Freistaat ein Problemfall bleibt und zu zerreißen droht. Zwar sind die Zufriedenheit mit der Demokratie und das Vertrauen in ihre Institutionen in kurzer Zeit überraschend deutlich gestiegen. Aber zugleich geht das Interesse an Politik insgesamt zurück. Für eine große Mehrheit ist die Beteiligung der Bürger*innen zwar wichtig, aber immer weniger sind bereit, sich selber einzumischen.
Das ist ein klares Zeichen von Resignation, und sie kommt nicht von ungefähr: Mehr als zwei Drittel der Befragten vertritt etwa die Auffassung, dass die Wirtschaft mehr zu sagen habe als das Parlament. Die Menschen in Sachsen machen sich zunehmend Sorgen um soziale Fragen, um schlechte Löhne, Armut und Ungerechtigkeit – aber auch um den Zustand von Bildung und Infrastruktur. Besonders in Sachsen fühlen sich sehr viele Menschen ungerecht behandelt. Das kann niemanden verwundern, der die Realität im Niedriglohnland Sachsen zur Kenntnis nimmt. Deshalb muss die Staatsregierung klarer Partei für sozialen Ausgleich ergreifen – mit dem langjährigen erbitterten Mindestlohn-Gegner Michael Kretschmer wird das nicht klappen.
Kerstin Köditz, Sprecherin für antifaschistische Politik der Linksfraktion, fügt hinzu:
Statt diese realen und nicht neuen Probleme ernst zu nehmen, haben Teile der Landespolitik bis in die Regierung hinein Pegida-Hetzer mit Hofknicks empfangen, liebäugeln mit der AfD und werten eine rechtsradikale Minderheit immer weiter auf. Kein Wunder also, dass beispielsweise Nationalismus und die Abwertung von Homosexuellen verstärkt auf Zustimmung stoßen. Auf sogar fast 80 Prozent angestiegen ist der Anteil derer, die meinen, man sollte „härter gegen Außenseiter und Unruhestifter vorgehen“, und mehr als zwei Drittel der Befragten fordern „eine starke Hand“. Dieser Autoritarismus ist mit demokratischen Grundwerten unvereinbar.
Allerdings: Demokratie- und menschenfeindliche Einstellungen sind unterm Strich leicht zurückgegangen. Eine Trendwende ist das zwar noch nicht, aber ein Zeichen, das hoffen lässt. Was wir jetzt brauchen, ist eine wissenschaftlich abgesicherte Einordnung der in sich widersprüchlichen Ergebnisse, der teils erheblichen Binnenunterschiede zwischen den drei Direktionsbezirken sowie zwischen Stadt und Land. Diese Analyse lässt sich nicht in die Hände eines kommerziellen Instituts delegieren und ist bei der Sächsischen Staatskanzlei sicher auch schlecht aufgehoben. Sie wird freilich ihren Grund gehabt haben, die Erhebung vor der Bundestagswahl anzusetzen – um jetzt, nach Tillichs Polit-Aus, noch einmal große Zufriedenheit mit der Landesregierung vermelden zu können.