Antisemitismus: Fallzahlen in Sachsen weiter auf hohem Niveau

Im ersten Halbjahr 2019 wurden sachsenweit mindestens 55 antisemitische Straftaten registriert. Das ergibt eine Auswertung parlamentarischer Anfragen, die ich regelmäßig an die Staatsregierung richte (zuletzt: Landtags-Drucksache 6/18156). Die Werte sind vorläufig und werden sich durch sogenannte Nachmeldungen erfahrungsgemäß noch deutlich erhöhen.

Die nun vorliegenden Zahlen zeigen aber bereits, dass es leider keine Trendwende gibt, sondern sich das Fallaufkommen weiterhin auf einem hohen Niveau bewegt. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2018 wurden 138 antisemitische Straftaten im Freistaat registriert, 2017 waren es 118 Fälle gewesen.

 

Schwerpunkte in den Städten

Zuletzt handelte es sich überwiegend um Parolen, die im öffentlichen Raum geschmiert oder gerufen wurden, auch das Internet gewinnt zunehmend an Bedeutung für judenfeindliche Propaganda und beispielsweise die Leugnung des Holocausts. Aus den vorliegenden Daten ergibt sich unter anderem, dass infolge der Veröffentlichung eines antisemitischen Artikels im Bornaer Stadtjournal Ende April 2019 wegen Volksverhetzung ermittelt wird. In die Statistik gingen ferner einige Sachbeschädigungen sowie mindestens eine Körperverletzung ein.

Die meisten Fälle wurden in den Städten Leipzig (10), Dresden (7) und Chemnitz (5) registriert. Abgesehen von drei Taten handelt es sich nach polizeilicher Bewertung durchgehend um rechtsmotivierte Kriminalität.

 

Verfolgungsdruck muss wachsen

Dass die Fallzahlen hoch ausfallen, kann auch auf eine steigende Sensibilisierung für das Thema sowie auf ein geändertes Anzeigeverhalten zurückgeführt werden – denn in die Statistik geht nur ein, was der Polizei bekannt wird. Allerdings wird immer noch zu wenig unternommen, um die Hasstaten auch angemessen zu ahnden. So ergingen im ersten Halbjahr wegen antisemitischer Taten lediglich in neun Fällen Urteile bzw. Strafbefehle. Beim Verfolgungsdruck gerade in diesem Bereich ist offensichtlich noch Luft nach oben.

Die Fraktion DIE LINKE hat sich seit langem dafür eingesetzt, dass Sachsen einen Antisemitismusbeauftragten erhält. Inzwischen wurde ein „Beauftragter für jüdisches Leben in Sachsen“ berufen, der aber nur ehrenamtlich tätig ist. Angesichts des ernsten Themas sollte das überdacht und die Stelle besser ausgestattet werden. Das wäre ein konkreter Schritt, um Antisemitismus stärker entgegenzuwirken. Toleranz ist in diesem Bereich völlig fehl am Platz.

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