Morgen beginnt am Amtsgericht Chemnitz die Hauptverhandlung gegen einen bekannten Neonazi wegen seiner mutmaßlichen Beteiligung an einem Angriff auf das Restaurant „Schalom“ im Sommer 2018. Gut ist, dass endlich die juristische Aufarbeitung dieser schwerwiegenden und offensichtlich antisemitischen Tat beginnen kann. Schlecht ist, dass das erst nach mehr als drei Jahren gelingt. Worum es geht:
Der Angeschuldigte Kevin A. soll am Abend des 27. August 2018 zu einer mindestens zehnköpfigen, vermummten Gruppe gehört haben, die das koschere Restaurant in Chemnitz mit Steinen, Knüppeln und Flaschen attackiert hat. Dabei wurde der Wirt durch einen Stein verletzt, es sollen antisemitische Parolen gebrüllt worden sein. Am einschlägigen Tathintergrund bestehen für mich keine Zweifel.
Dem Angeschuldigten wirft die Generalstaatsanwaltschaft Dresden gefährliche Körperverletzung, Landfriedensbruch in einem besonders schweren Fall und Sachbeschädigung vor. Zuletzt war der anstehende Prozess noch einmal verschoben worden, weil neue Beweismittel vorgelegt wurden. Bisher war der gesamte, bundesweit beachtete Fall kein Ruhmesblatt für die Ermittlungsbehörden. Auf den Verdächtigen war man schließlich erst spät anhand einer DNA-Spur gestoßen – dem Vernehmen nach war das ein sogenannter Zufallstreffer. Und: Es liegt weiterhin im Dunkeln, welche möglichen Mittäter es gab.
Unmittelbar zuvor waren zahlreiche Neonazis und Hooligans durch die Stadt gezogen, es kam dabei zu weiteren Angriffen auf Personen. Die Lage war an diesem und an den Folgetagen offensichtlich nicht unter Kontrolle, nur ein Teil der Fälle ist geahndet worden. Umso wichtiger ist es, dass nun der Angriff auf das ,Schalom‘ vor Gericht kommt. Es handelte sich um eine der drastischsten antisemitischen Taten in Sachsen – im Freistaat steigen die Fallzahlen in diesem Bereich seit Jahren.“