Heute stimmt der Landtag über den Antrag der Linksfraktion „Unabhängigen und weisungsfrei tätigen Antisemitismusbeauftragten des Freistaates Sachsen einführen und aufgabenangemessen ausstatten!“ (Drucksache 7/4583) ab. Darum geht’s:
Antisemitische Anfeindungen sind keine Ausnahmeerscheinungen, sondern für viele Jüdinnen und Juden leider eine Alltagserfahrung. Wir fordern deshalb, die Stelle des ,Beauftragten für jüdisches Leben in Sachsen‘ aufzuwerten. Diese Stelle soll – ihrer zentralen Bedeutung und Querschnitts-Aufgabe entsprechend – bei der Sächsischen Staatskanzlei angesiedelt werden. Der Beauftragte sollte künftig hauptamtlich, möglichst unabhängig und ressortübergreifend Antisemitismus bekämpfen und vorbeugen können. Dazu ist die Ausstattung mit eigenen Kontroll- und Initiativrechten sowie die Unterstützung durch einen Fachbeirat notwendig. Gemeinsames Ziel muss die umfassende Zurückdrängung des Antisemitismus sein, egal in welcher Form und egal aus welcher politischen Richtung.
Es liegt aber auf der Hand, dass durch eine bessere Ausstattung der Stelle, voraussichtlich mehr als bisher erreicht werden kann. Immerhin umfasst die Tätigkeit des Antisemitismusbeauftragten schon jetzt acht umfangreiche Arbeits- und Handlungsfelder: von der Wissensvermittlung über jüdische Geschichte und Gegenwart über die Stärkung der Erinnerungsarbeit bis hin zur Vernetzung unterschiedlichster Akteurinnen und Akteure. Und nicht zuletzt ist der Beauftragte auch ein Ansprechpartner für die Belange der jüdischen Gemeinden und Vereine im Freistaat. Damit geht von vornherein die Tragweite des Problems über jene Kapazitäten hinaus, die in einem Ehrenamt zur Verfügung stehen. Schon deshalb sollten wir – das meine ich im Wortsinne – nachrüsten. Andere Bundesländer haben das bereits getan.
Befragungen belegen immer wieder, wie tief antisemitische Vorurteile und Ressentiments auch in der sächsischen Bevölkerung verankert sind. Sie werden bei ,Corona-Protesten‘, kursierenden Verschwörungsideologien und damit einhergehenden Verharmlosungen des antisemitischen Terrors der NS-Zeit besonders sichtbar. Das ist eine schwere Zumutung – und eine konkrete Bedrohung für Jüdinnen und Juden sowie deren Gemeinden in unserem Land. Das Thema darf nicht länger auf die leichte Schulter genommen werden. Bei der Zahl an judenfeindlichen Straftaten droht in diesem Jahr ein neuer Höchststand.
Dem gegenüber wäre es ein richtiges Zeichen zur rechten Zeit, die Stelle des Beauftragten für das jüdische Leben in Sachsen aufzuwerten und hauptamtlich auszugestalten. Was das Zeichen angeht, handelt es sich sogar um mehr als das, also um mehr als Symbolpolitik – sondern um einen ganz konkreten und realen Beitrag.