Die Zahl antisemitischer Taten ist in Sachsen erneut gestiegen. Das ist das Ergebnis einer Detailauswertung meiner regelmäßigen Kleinen Anfragen von Kerstin Köditz zu diesem Thema (zuletzt: Drucksachen 7/8548 und 7/8950). Den Angaben der Staatsregierung zufolge summiert sich die Zahl der polizeibekannten Fälle, die als judenfeindlich gelten, im Jahr 2021 auf insgesamt 189. Es handelt sich erneut um einen beschämenden Rekordwert.
Kontinuierliche Steigerung
Bereits in den Vorjahren waren im Freistaat Höchststände erreicht worden: 2020 wurden 173 Fälle verzeichnet, 2019 waren es 156. Die Gesamtzahl wächst seit 2016 und damit seit mehr als einem halben Jahrzehnt kontinuierlich an, sie hat sich seitdem schon mehr als verdoppelt. Das ist eine beunruhigende Entwicklung.
Dresden und Leipzig liegen vorn
Die meisten Taten wurden zuletzt in Dresden und Leipzig (je 36) begangen, gefolgt von Chemnitz und dem Landkreis Mittelsachsen (je 17). Vergleichsweise gering war das Fallaufkommen hingegen im Vogtlandkreis (6) sowie den Landkreisen Meißen (5) und Nordsachsen (4). Es handelt sich überwiegend um sogenannte Propagandadelikte, insbesondere verbotene Symbole und Volksverhetzungen – teils in Verbindung mit Sachbeschädigungen, etwa durch Schmierereien im öffentlichen Raum.
Hinzu kommen auch Beleidigungen und Bedrohungen. Wie in den Vorjahren spielen Hasspostings eine große Rolle, in denen beispielsweise der Holocaust geleugnet wird.
Meist rechtsmotiviert – oder „nicht zuzuordnen“
Von allen Taten werden 152 und damit rund 80 Prozent als rechtsmotiviert eingestuft. Fünf weitere werden einer „religiösen“, zwei einer „ausländischen Ideologie“ zugerechnet, drei gelten als linksmotiviert. Bei 27 weiteren Fällen heißt es: „nicht zuzuordnen“. Ein Blick in meine regelmäßigen Anfragen zu politisch motivierten Straftaten zeigt, dass in dieser Kategorie zuletzt häufig Fälle landen, die sogenannte Corona-Proteste betreffen.
Klar ist, dass Antisemitismus niemals akzeptabel sein kann – egal, aus welcher Richtung er kommt.
Mehr Verurteilungen als bisher
Die hohen Fallzahlen können meiner Ansicht nach zum Teil auf eine gestiegene Sensibilisierung zurückgeführt werden, die sich auf das Anzeigeverhalten auswirkt – in die Statistik kann nur eingehen, was der Polizei bekannt wird.
Im Zuständigkeitsbereich sächsischer Staatsanwaltschaften gab es im Jahresverlauf übrigens 26 Verurteilungen wegen antisemitischer Taten. 2020 und 2019 hatte es nur jeweils 14 Urteile gegeben. Die Steigerung ist gut, und hier geht noch mehr – denn für die wirksame Bekämpfung des Antisemitismus ist eine konsequente Strafverfolgung von großer Bedeutung.
Hinweis: Die Daten sind nicht abschließend. In den Vorjahren war es vereinzelt zu Doppelerfassungen gekommen. Üblich sind aber auch Nachmeldungen, wodurch die Gesamtzahl sogar noch steigen kann.