Im Jahr 2018 wurden in Sachsen mindestens 138 antisemitische Straftaten begangen – im langjährigen Vergleich ist das ein neuer Höchswert. Das ergibt eine Auswertung meiner Kleinen Anfragen, die ich monatlich zu diesem Thema stelle (zuletzt: Drucksache 6/16545). Die polizeilich erhobene Fallzahl ist nunmehr das zweite Jahr in Folge deutlich gestiegen: Im Jahr 2017 waren 118 Taten registriert worden, 2016 waren es 90. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 hatte es lediglich 51 solcher Taten gegeben. Das ist eine gefährliche Entwicklung, die gestoppt werden muss.
Klare Schwerpunkte erkennbar
In den meisten Fällen im Jahr 2018 handelt es sich um Volksverhetzungen und den Gebrauch verbotener judenfeindlicher Naziparolen. In die Statistik gingen aber auch Sachbeschädigungen (20), Beleidigungen und Bedrohungen (7), Landfriedensbrüche (2) sowie eine Brandstiftung ein.
Bei der örlichen Verteilung gibt es klare Schwerpunkte: Die meisten Taten ereigneten sich in den Städten Leipzig (24), Dresden (23) und Chemnitz (21). Erst mit einigem Abstand folgen die Landkreise Mittelsachsen und Nordsachsen (je 11). In den übrigen Kreisen ist die Fallzahl jeweils einstellig. Die Werte sind vorläufig, üblicherweise erhöhen sie sich durch Nachmeldung noch. Klar ist: Jede dieser Taten ist eine zu viel – ganz egal, wo sie begangen wird und wer dahintersteckt!
Geringer Verfolgungsdruck
Um so fataler ist es, dass gleichzeitig der Verfolgungsdruck viel zu gering ausfällt. An sächsischen Gerichten kam es im Jahr 2018 zu lediglich 16 Verurteilungen wegen antisemitischer Taten, im Vorjahr waren es 25 gewesen. Außerdem dauert die Ahndung solcher Taten viel zu lange.
Beispiel Leipzig: Im Oktober 2017 pöbelten zwei Männer ein MDR-Team an, das an der Gedenkstätte in der Gottschedstraße einen Holocaust-Überlebenden interviewt hatte; einer der Verdächtigen zeigte den Hitlergruß. Bereits im Dezember 2017 wurde Anklage erhoben, wie eine weitere aktuelle Anfrage zeigt (Drucksache 6/16104). Doch erst jetzt kommt der Fall vor Gericht – am 12. März soll die Hauptverhandlung gegen Kevin H. und John G. am Amtsgericht Leipzig endlich beginnen. Die Tat gilt als rechtsmotiviert.
Sachsen braucht einen Antisemitismus-Beauftragten – sofort!
Die aktuelle Situation zeigt, dass Sachsen dringend einen Antisemitismus-Beauftragten braucht – den die Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag schon lange fordert. Nachdem das durch die Koalition abgelehnt worden war, wurde zuletzt doch angekündigt, einen „Beauftragten für die Förderung des jüdischen Lebens“ einzusetzen. Ein wichtiger Vorstoß, den ich begrüße.
Allerdings: Es muss klargestellt werden, dass die Bekämpfung des Antisemitismus zur Kernaufgabe gehören muss. Zudem blieb es nun schon seit Monaten bei der Ankündigung, passiert ist nichts. Es ist absolut unverständlich, warum nicht endlich entschlossen gehandelt wird: Bei Antisemitismus gibt es keine Toleranz!
Zahlen aus den Vorjahren habe ich hier zusammengestellt.