Sachsens Gewerbebehörden haben in den vergangenen zehn Jahren mehr als 22.000 Personen, die im Bewachungsgewerbe beschäftigt sind, beim Landesamt für Verfassungsschutz überprüfen lassen. Ergebnis: Zu 264 der abgefragten Personen, das entspricht rund 1.2 Prozent, ergaben sich Hinweise auf einen Bezug zum Rechtsextremismus.
Mehr Abfragen und mehr „Treffer“
Auffällig ist, dass die Hälfte aller Überprüfungen – mehr als 10.000 Fälle – allein in den vergangenen drei Jahren vorgenommen wurden, offenbar im Zuge verschärfter Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewachungserlaubnis.
Ein Höchststand wurde im Jahr 2016 mit knapp 4.700 geprüften Personen und 85 „Treffern“ (entspricht rund 1.8 Prozent) erreicht. Auch im verstrichenen Jahr 2017 gab es außergewöhnlich viele Abfragen (2.979) und Treffer (49 Personen bzw. rund 1.6 Prozent) – zuzüglich zwei „Reichsbürgern“, die vormals nicht beachtet wurden.
Vom Landesamt für Verfassungsschutz erkannte „Rechtsextremisten“,
Anteil an allen überprüften Personen.
Dunkelziffer unbekannt
Generelle Aussagen, wie stark die extreme Rechte im Security-Bereich präsent ist, erlauben die Zahlen des Innenministeriums nicht. Zudem behält der „Verfassungsschutz“ Erkenntnisse, die „nicht gerichtsverwertbar“ sind, für sich.
Auf meine Anfrage teilte Innenminister Wöller zwar mit, dass „keine wegen bekannter Bezüge zur extremen Rechten unzuverlässigen Personen“ im Bewachungsgewerbe tätig seien, also auch nicht etwa zum Schutz von Asylunterkünften eingesetzt werden.
Aber: So verhält es sich ausdrücklich nur „nach Kenntnis der Gewerbebehörden“. Offen bleibt, welche weiteren Informationen beim LfV stecken geblieben sind. So gab es beispielsweise nach Medienrecherchen im engsten Umfeld der kriminellen „Freien Kameradschaft Dresden“ durchaus Wachdienstler.
Regelanfrage ist keine Lösung
Fraglich ist zudem, ob sich die zahlreichen Überprüfungen, die einer Regelanfrage gleichkommen, sachlich rechtfertigen lassen: Die betreffende Klientel rutscht teils durchs Netz, während die allermeisten Personen, deren Daten an den Geheimdienst übermittelt werden, völlig unbescholten sind.
Denkbar wäre, stattdessen die jeweiligen Unternehmen stärker in die Pflicht zu nehmen.
Hintergrund
Einem SPIEGEL-Bericht von 2013 zufolge ist Sachsen „wohl das einzige Bundesland, in dem Bewerber für die Sicherheitsbranche generell vom Verfassungsschutz überprüft werden“. Diese überraschende Neuigkeit nahm ich zum Anlass, beim damaligen Innenminister Ulbig nachzufragen. Ergebnis: Schon seit Anfang 2003 gibt es diese Praxis. Wie oft das passiert, werde aber nicht erfasst.
Das war offensichtlich unwahr, denn bald lagen dem SPIEGEL Zahlen vor, die es also doch gibt. Seitdem hake ich jedes Jahr aufs Neue nach. Die aktuellste Antwort für das Jahr 2017 kann hier im Originaltext abgerufen werden.