Die mutmaßlich rechtsterroristische Gruppe „Revolution Chemnitz“ und deren führende Köpfe sind den Behörden schon länger bekannt: Bei Tom W., den der Generalbundesanwalt als einen der Rädelsführer bezeichnet, soll es sich um den Kopf der verbotenen Neonazi-Kameradschaft „Sturm 34“ handeln. Nach meinen Informationen soll auch mindestens ein weiterer aktuell Beschuldigter zum Umfeld derselben Gruppe gehören.
Rückblick: „Sturm 34“ wurden zahlreiche Gewaltstraftaten zur Last gelegt, die Gruppe wurde unter anderem deshalb im April 2007 durch das Sächsische Innenministerium verboten. Tom W. ist der Verbotsbescheid damals persönlich zugestellt worden. In der Begründung hieß es, er sei der „Anführer“ des harten Kerns der Gruppe gewesen, ihm habe auch die „Entscheidungsgewalt“ oblegen.
Die Gruppe war in Mittweida (Landkreis Mittesachsen) entstanden, ihr Einzugsbereich war aber weit größer, reichte schon damals nach Dresden, ins Erzgebirge – und nach Chemnitz.
Die juristische Aufarbeitung wurde jahrelang verschleppt, auch Tom W. kam letztlich mit einer Bewährungsstrafe davon. Dabei fielen frühere Mitglieder weiter durch Straftaten auf, offenbar wurde sogar wegen des Verdachts der illegalen Fortführung der Gruppe ermittelt – jedoch ohne Ergebnis. Auch deshalb fragte ich in den vergangenen Jahren die Staatsregierung immer wieder nach möglichen Nachfolgeaktivitäten von „Sturm 34“ (zuletzt: Drucksache 6/11777).
Die lapidare Antwort lautete jedes Mal: „keine Erkenntnisse“.
Das ist verwunderlich und falsch. Denn seit 2013 trat „Revolution Chemnitz“ mit einem eigenen Facebook-Profil in Erscheinung. Schon in der Frühphase der Gruppe wurde dort eine Grafik gepostet, offenbar ein Entwurf für ein Gruppenlogo. Im Hintergrund prangt groß die Zahl „34“ – eine Anspielung auf „Sturm 34“. Das muss auch dem Innenministerium aufgefallen sein: Im sogenannten „Internetatlas 2014“ des Landesamtes für Verfassungsschutz wurde die betreffende Facebook-Seite ausdrücklich als neonazistisches Internetangebot aus Chemnitz erwähnt.
Offenbar sponnen die „Revolution“-Drahtzieher frühzeitig Kontakte zu weiteren militanten Gruppierungen. So verwendete die 2014 verbotene Kameradschaft „Nationale Sozialisten Chemnitz“, die unter anderem Schießübungen durchführte, das Facebook-Profil von „Revolution Chemnitz“ als Propaganda-Kanal. Das ergibt sich aus der damaligen Verbotsverfügung des Sächsischen Innenministeriums – sie wurde übrigens auch einer Person zugestellt, der früher wiederum bei „Sturm 34“ aktiv war.
Eine Klage gegen das NSC-Verbot wurde hernach abgewiesen. In der Urteilsbegründung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts wurde in dem Zusammenhang gar konstatiert, dass die „Nationalen Sozialisten Chemnitz“ die Facebook-Seite von „Revolution Chemnitz“ selbst betrieben haben.
Kaum verwunderlich: Frühere NSC-Mitglieder traten zuletzt auch wieder bei den Neonazi-„Protesten“ in Chemnitz in Erscheinung. Zu mehreren früheren NSC-Anhängern liegen Hinweise auf Verbindungen zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ vor. Es ist mir auch deshalb völlig unverständlich, warum „Revolution Chemnitz“ erst jetzt ins Visier sächsischer Ermittler geriet. Gut, dass sich jetzt Bundesbehörden kümmern.