Der Trend zur Bewaffnung hält in Sachsen an, Kontrollen finden dagegen eher selten statt. Unterm Strich gelangen auch Anhänger der rechten Szene wieder verstärkt an Waffen. Aktuelle Zahlen dazu ergeben sich aus meinen neuen Parlaments-Anfragen. So gab es im Freistaat Ende 2019 mehr als 177.000 registrierte Waffen und Waffenteile (Drucksache 7/1032), etwa 7.000 mehr als Ende 2018. Rund 89 Prozent befinden sich in Privatbesitz und verteilen sich sachsenweit auf rund 30.300 registrierte Besitzer, etwa 600 mehr als Ende 2018.
Auch die Zahl waffenrechtlicher Erlaubnisse ist gestiegen, von rund 47.700 Ende 2018 auf 49.500. Anhaltend ,beliebt‘ sind die Kleinen Waffenscheine, die zum Führen von Schreckschusswaffen berechtigen: Deren Zahl stieg von 18.750 auf 20.169. Während generell die meisten Waffenbesitzer im Erzgebirgskreis leben, wurden besonders viele Kleine Waffenscheine in Leipzig (3.101) und Dresden (2.269) ausgegeben.
Trotzdem werden Kontrollmöglichkeiten nicht ausgeschöpft (Drucksache 7/1031). Zwar veranlassten die örtlichen Waffenbehörden 2019 mehr als 800 Kontrollbesuche, um zu prüfen, ob erlaubnispflichtige Waffen ordnungsgemäß verwahrt werden. Das geschieht teils anlassunabhängig und unangemeldet. Aber die Kontrolldichte ist gering, geprüft wurden weniger als drei Prozent der Waffenbesitzer – und nicht alle wurden angetroffen. In Chemnitz und Dresden sowie den Kreisen Görlitz, Mittelsachsen und Nordsachsen war die Zahl der Kontrollen nur einstellig.
Anlässe, genauer hinzusehen, gibt es aber genug: Derzeit gelten in Sachsen mehr als 170 registrierte Schusswaffen und Waffenteile, die sich im Privatbesitz befunden haben, als gestohlen oder wurden anderweitig ,verloren‘ (Drucksache 7/1019). Bei der Polizei gab es zuletzt mehr als 1.200 Fahndungsausschreibungen zu Schusswaffen und Waffenteilen. Auch sächsische Staatsanwaltschaften sind häufig damit befasst (Drucksache 7/1008). Ende 2019 wurde in 614 offenen Verfahren wegen Verstoßes gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz sowie das Kriegswaffenkontrollgesetz ermittelt. In drei dieser Verfahren wird von rechtsmotivierten Taten ausgegangen, zwei der ermittelten Tatverdächtigen werden zudem dem Reichsbürger-Spektrum zugerechnet. Bei einem davon besteht der Verdacht des illegalen Waffenbesitzes.
Zuletzt wurden in Sachsen 99 Personen, die im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis sind, von Amts wegen der rechten Szene zugerechnet (Drucksache 7/992) – 20 mehr als im Vorjahr. Die meisten leben im Erzgebirgskreis (19) sowie den Landkreisen Bautzen (11) und Görlitz (10). Hinzu kommen 18 ,legal‘ bewaffnete Reichsbürger. Das sind weniger als im Vorjahr (36), was aber auch an veränderten Zählweisen liegen kann. Von einer Entwaffnung der extremen Rechten kann unterm Strich jedenfalls keine Rede sein, die Zahlen sprechen eher für einen Trend hin zur Wiederbewaffnung. 2019 wurden zwar sachsenweit 41 Waffenbesitzer überprüft, bei denen Hinweise vorliegen, dass sie der rechten Szene angehören. Aber nur bei zwei amtsbekannten Rechtsextremisten und fünf Reichsbürgern wurden bereits erteilte waffenrechtliche Erlaubnisse widerrufen. Sie mussten ihre Waffen abgeben – alle anderen dürfen sie weiter besitzen.
Die aktuellen Daten zeigen sehr deutlich, dass die Kontrolltätigkeit in keinem vernünftigen Verhältnis zur steigenden Zahl der Waffen steht – und dass es trotz häufiger Ankündigungen aus dem Innenministerium nicht gelingt, die extreme Rechte zu entwaffnen. Hier muss die Staatsregierung endlich handeln. Dass die kommunalen Sicherheitsbehörden genauer hinsehen sollen, ist im Koalitionsvertrag verankert. Dafür müssen die örtlichen Waffenbehörden aber auch besser ausgestattet werden, um mit der Entwicklung Schritt halten zu können.