Sachsen 2019:
Wieder fast 2.500 rechte Taten!

Im Jahr 2019 wurden sachsenweit mehr als 2.400 rechtsmotivierte Straftaten registriert. Das ergibt eine Auswertung meiner Kleinen Anfragen, die ich regelmäßig an das Innenministerium richte. Demnach gab es mehr als 80 Verletzte. Es handelt sich um offizielle Fallzahlen der Polizei, die als „Politisch-motivierte Kriminalität (PMK) – rechts“ erfasst werden.

 

Fast sieben Taten pro Tag

Im vergangenen Jahr gab es im Schnitt fast sieben rechtsmotivierte Straftaten pro Tag. Insgesamt wurden 2.437 Fälle verzeichnet, mehr als 500 gelten als Hasskriminalität. Die Zahl liegt über dem Wert, der kürzlich anlässlich der Präsentation der Polizeilichen Kriminalstatistik angegeben wurde (2.256).

Die Differenz ergibt sich vor allem daraus, dass ich auch sogenannte Nachmeldungen berücksichtige, denn zahlreiche Fälle tauchen erst zeitversetzt in der Statistik auf. So oder so bewegt sich der Wert auf einem ausgesprochen hohen Niveau. Im Jahr 2015 war die Fallzahl sprunghaft auf damals bereits knapp 2.500 Taten angestiegen und verweilt seitdem deutlich über der Zweitausender-Marke.

Erkennbaren Einfluss hatten zuletzt die Wahlen: Im Vorfeld der Kommunal- und Europawahlen sowie unmittelbar vor der Landtagswahl kam es zu einer regelrechten Ballung. Aus den vorliegenden Daten ergibt sich, dass rund 180 Taten auf beschädigte oder entwendete Wahlplakate sowie auf Vandalismus an Parteibüros zurückzuführen sind.

 

Klare Hochburgen

Die meisten Fälle wurden in den bevölkerungsreichen Städten Dresden (404) und Leipzig (287) registriert. Danach folgen die Landkreise Görlitz (214), Leipzig (213) und Bautzen (202). Auf diese Regionen entfällt zusammen mehr als die Hälfte aller Fälle. Es handelt sich damit ganz klar um Hochburgen, in denen es im Vergleich mit den Vorjahren auch zu einer Steigerung der Fallzahlen kam – am deutlichsten im Landkreis Leipzig, wo es über 40 Prozent mehr Taten gab als noch im Jahr 2018.

Eine erfreuliche Entspannung gibt es dagegen in der Sächsischen Schweiz-Osterzgebirge (129) und im Vogtlandkreis (102). In der Stadt Chemnitz hat sich die Fallzahl im Vergleich zum Jahr 2018 sogar fast halbiert (von 346 auf 182). Die wenigsten Taten wurden zuletzt im Landkreis Meißen (95) begangen.

Bezogen auf die Bevölkerungsgröße ist das Fallaufkommen in den Landkreisen Görlitz und Nordsachsen mit jeweils 83 Taten pro hunderttausend EinwohnerInnen besonders hoch, dicht gefolgt vom Landkreis Leipzig (82). Im Bereich des landesweiten Durchschnitts (74) liegen die Städte Chemnitz und Dresden. Die geringste Fallbelastung gibt es demnach im Vogtlandkreis (44) sowie im Kreis Meißen und im Erzgebirgskreis (jeweils 39).

 

Zahlreiche Körperverletzungen

Bei den Taten wurde gegen rund 40 unterschiedliche Straftatbestände verstoßen, ein leider gewohnter „Mix“. Mit Abstand am Häufigsten (1688 Fälle) wurde das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen registriert, beispielsweise das Zeigen von Hitlergrüßen oder das Anbringen von Hakenkreuzen. Hinzu kommen zahlreiche Volksverhetzungen (186). Bei diesen sogenannten Propagandadelikten werden häufig auch weitere Straftatbestände verwirklicht, etwa durch das Schmieren von Parolen.

In die Statistik gingen darüber hinaus 227 Sachbeschädigungen ein, dazu mehr als 130 Beleidigungen, Verleumdungen, Nötigungen und Bedrohungen. In mindestens 34 Fällen wurden Straftaten angedroht oder zur Begehung aufgefordert. Verzeichnet sind ferner 30 Verstöße gegen das Versammlungsgesetz sowie 27 Fälle von Diebstahl, Betrug und Erpressung.

Bei insgesamt 66 einfachen und schweren Körperverletzungen wurden mindestens 82 Menschen zum Teil schwer verletzt.

 

Großes Dunkelfeld

Vermutlich gibt es noch viel mehr Betroffene, denn die Statistik zeigt nur die Spitze des Eisberges und kann nur enthalten, was der Polizei bekannt und richtig eingeordnet wird. Außerdem handelt es sich bei der PMK-Erfassung um eine sogenannte Eingangsstatistik, in die Ermittlungsergebnisse in der Regel nicht einfließen.

Eine bedeutsame Ergänzung bieten daher die Daten unabhängiger Beratungsstellen, die Jahresstatistik der Opferberatung „Support“ des RAA Sachsen wird heute vorgestellt. Dennoch sind die PMK-Daten ein wichtiger Gradmesser. Sie zeigen vor allem, dass es allen Grund gibt, beunruhigt zu sein: Die Fallzahlen in diesem Bereich nehmen von alleine nicht ab – und das bisherige Vorgehen der Behörden genügt offensichtlich nicht.

Laut Koalitionsvertrag soll die Bekämpfung rechtsmotivierter Kriminalität künftig ein Schwerpunkt sein. Es wird auch höchste Zeit!

 


Zahlen für 2018 habe ich hier, weitere für 2017 hier zusammengestellt.

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