Sachsen 2018:
Knapp 2.500 rechte Straftaten

Im Jahr 2018 wurden in Sachsen 2.489 rechtsmotivierte Straftaten registriert, also knapp sieben Fälle pro Tag. Das ergibt eine Auswertung meiner Landtags-Anfragen, die ich monatlich stelle (zuletzt: Drucksache 6/16544). Damit wird wieder aufgeschlossen zu den besonders hohen Fallzahlen in den Jahren 2015 und 2016. Im Jahr 2017 hatte sich mit „nur“ rund 2.000 Fällen – das entspricht etwa dem langjährigen Mittel – eine gewisse Entspannung angedeutet. Aber das war offenbar nur eine Episode, keine Trendwende.

 

Zahlreiche Gewalttaten

Die Fallzahlen, die bei der Polizei als „Politisch motivierte Kriminalität (PMK) rechts“ erhoben werden, sind vorläufig, sie können sich durch Nachmeldungen und neue Erkenntnisse im Verlauf von Ermittlungen noch verändern. Die bis dato zugeordneten Taten verteilen sich auf rund 50 verschiedene Straftatbestände, einmal quer durchs Strafgesetzbuch. Rund Dreiviertel der Fälle – das entspricht dem langjährigen Erfahrungswert – sind sogenannte Propagandadelikte, v.a. Volksverhetzungen und Nazisymbole.

In die Statistik gingen aber auch rund 130 Gewalttaten ein, es gab mehr als 100 Verletzte – und einen Toten. Denn inzwischen wird der Mord an Christopher W. in Aue im April 2018 als rechtsmotivierte Tat eingestuft (Drucksache 6/16125).

 

Klare Hochburgen erkennbar

Bei der örtlichen Verteilung der Taten sind klare Schwerpunkte und regelrechte Hochburgen zu erkennen. Nach absoluten Zahlen wurden die meisten Fälle in den bevölkerungsreichen Städten Dresden (399), Chemnitz (346) und Leipzig (264) registriert. Es folgen die Landkreise Zwickau (200) und Görlitz (197), die bisher eher im Mittelfeld positioniert waren. Die weiteren Kreise liegen auf einem ähnlichen Niveau (110 bis 171); die mit deutlichem Abstand wenigsten Fälle gab es wie schon im Vorjahr im Kreis Meißen (69).

Das Bild ändert sich drastisch, wenn die Fallhäufigkeit (Taten pro 100.000 EinwohnerInnen) betrachtet wird: Hier liegt die Stadt Chemnitz (140) deutlich vorn – der Wert beträgt fast das Doppelte der Vorjahreszahl (78) und auch des aktuellen sachsenweiten Durchschnitts (76). Auf Platz zwei rangiert derzeit Nordsachsen (82), gefolgt vom Kreis Görlitz (76) und der Stadt Dresden (73). Auf den hinteren Plätzen liegen die Stadt Leipzig (46), der Erzgebirgskreis (32) und der Kreis Meißen (28). Zu erkennen ist auch, dass sich die Lage in Bautzen (51) im Vergleich zum Vorjahr (67) wieder etwas beruhigt hat.

 

Zuspitzung in Chemnitz

Die markante Zunahme der Fallhäufigkeit in Chemnitz war bereits im Jahr 2017 zu beobachten gewesen, hat sich zuletzt aber noch einmal deutlich verstärkt. Der Grund ist gut nachzuvollziehen: Mehr als die Hälfte der in der Stadt registrierten rechten Taten wurde im August (100) und September (84) begangen. Die eskalativen „Proteste“ von rechtsaußen haben ihre Wirkung offenbar nicht verfehlt. Zu Buche schlug in diesem Zeitraum auch die Bildung einer terroristischen Vereinigung („Revolution Chemnitz“).

Die Gesamtentwicklung ist nach wie vor beunruhigend, sie zeigt: Ein nachhaltiger Rückgang der hohen Fallzahlen wird von alleine so bald nicht eintreten. Hier muss politisch gehandelt werden – aber nach wie vor hat die Staatsregierung kein Gesamtkonzept zur Zurückdrängung der extremen Rechten parat. Das wäre aber umso nötiger, da auch jetzt nur die Spitze des Eisbergs sichtbar ist: Erfasst wird nur, was der Polizei bekannt und entsprechend zugeordnet wird. Die Erhebungen von Opferberatungsstellen wie der RAA Sachsen zeigen, dass es ein großes Dunkelfeld gibt.


Werte aus den Vorjahren habe ich hier zusammengestellt.

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