Die Zahl extrem rechter Musikveranstaltungen im Freistaat ist im Jahr 2019 auf einen neuen, langjährigen Höchstwert gestiegen: Sachsenweit gab es insgesamt 50 Events der rechten Szene, bei denen Livemusik gespielt wurde. Das ergibt eine aktuelle Auswertung meiner Anfragen zu Aktivitäten der extremen Rechten, die ich monatlich stelle.
Demnach handelte es sich um 25 Konzerte, bei denen vor allem Rechtsrock-Bands aus dem „klassischen“ Neonazi-Spektrum auftraten. Hinzu kamen 18 sogenannte Liederabende sowie weitere sieben politische Veranstaltungen und Szenefeiern, bei denen einschlägige Auftritte zum Programm gehörten.
Für das Jahr 2018 hatte das Landesamt für Verfassungsschutz 25 Konzerte sowie 23 weitere, ähnliche Veranstaltungen gezählt, darunter Liederabende. Die Zahl solcher Veranstaltungen steigt in Sachsen seit Jahren an, wie meine regelmäßigen Anfragen dokumentieren. Daraus ergibt sich auch, dass die „Nachfrage“ innerhalb der Szene hoch ist. So gab es im Jahr 2019 mindestens neun Tage, an denen an unterschiedlichen Orten in Sachsen mehrere Konzerte gleichzeitig stattfanden.
Bei knapp der Hälfte aller Veranstaltungen bewegte sich die Zahl der Teilnehmenden im dreistelligen Bereich, das größte Publikum gab es im Juni bei einem braunen „Festival“ in Ostritz (Landkreis Görlitz) mit rund 700 Personen. Sämtliche Auftritte wurden von mehr als 80 unterschiedlichen Gruppen und Einzelinterpreten bestritten, die teils aus dem Ausland angereist sind. Aber auch Sachsen selbst ist ein Hotspot, hier waren zuletzt 28 extrem rechte Bands und Liedermacher aktiv.
Die meisten der 2019 durchgeführten Musikveranstaltungen fanden im Landkreis Nordsachsen statt (10). Dort, im Torgauer Ortsteil Staupitz, werden bereits seit 2008 Neonazikonzerte durchgeführt – leider ganz „legal“. Von großer Bedeutung ist auch der Landkreis Görlitz, wo zuletzt acht entsprechende Veranstaltungen stattfanden. Im Kreisgebiet befindet sich das Clubhaus der Neonazigruppierung „Brigade 8“, die auch selbst als Konzertveranstalter in Erscheinung tritt. Die Gruppe war zuletzt aufgefallen durch enge Bezüge zu der inzwischen bundesweit verbotenen Vereinigung „Combat 18“.
Ein behördliches Einschreiten gegen Szene-Events gelingt offenbar nur in wenigen Fällen. So wurden 2019 insgesamt drei geplante Musikveranstaltungen im Vorfeld verhindert bzw. verboten. Eine Veranstaltungen wurde während der Durchführung durch die Polizei aufgelöst. Das ist aber leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein, denn zuletzt konnte die rechte Szene in Sachsen für Treffen und Veranstaltungen auf insgesamt 27 Objekte zurückgreifen, die wiederkehrend genutzt werden.
Hier muss künftig viel genauer hingeschaut und viel entschlossener eingeschritten werden. Der Koalitionsvertrag stellt ein „Gesamtkonzept“ in Aussicht – unter anderem sollen Kommunen beim Umgang mit extrem rechten Veranstaltungen und entsprechenden Immobilien besser unterstützt werde. Die Staatsregierung will gar „rechtsextreme Netzwerke konsequent zerschlagen“. Damit sollte jetzt endlich Ernst gemacht werden!