KSK-Soldat vor Gericht: Herkunft der Waffen und Tatmotiv in den Blick nehmen!

Rund acht Monate nachdem auf seinem Grundstück im Landkreis Nordsachsen in großem Umfang Waffen, Munition und Sprengstoff gefunden wurden, steht ab morgen der ehemalige KSK-Soldat Philipp S. vor dem Landgericht Leipzig. Ich begrüße es, dass die Ermittlungen relativ zügig zu einer Anklage geführt haben. Auch unter erschwerten Corona-Bedingungen funktionieren Strafverfolgung und Justiz – in einem so gravierenden Fall ist das ein besonders wichtiges Zeichen. Allerdings fürchte ich, dass der Prozess nur wenig Aufklärung zu den vielen offenen Fragen liefern wird.

Zur Last liegen dem Angeschuldigten Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz sowie das Waffen- und das Sprengstoffgesetz. Anhand der Funde wird das voraussichtlich recht einfach zu belegen sein, die Hauptverhandlung könnte daher schnell enden.

Völlig im Dunkeln liegt aber, wie es Philipp S. gelingen konnte, das gefährliche Material, das mutmaßlich aus Bundeswehr-Beständen stammt, zu entwenden und mit nach Hause zu nehmen. Abgesehen von der erheblichen Gefährdung für Nachbarinnen und Nachbarn ist vor allem unklar, wozu das Depot dienen sollte, dem Vernehmen nach gingen die Ermittlungen zu denkbaren Motiven ins Leere. Dabei handelt es sich doch um den entscheidenden Punkt: Wer sich mit Kriegsgerät eindeckt, frönt möglicherweise nicht nur einer abwegigen Sammelleidenschaft, sondern könnte schlimmste Absichten gehegt haben. Um es klar zu sagen: Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein Anschlag geplant war, dass es Mitwisser und Helfer gab. Plastiksprengstoff, Kalashnikow und Schalldämpfer sind keine Vitrinenstücke – man tötet damit Menschen!

Doch genau diese Überlegungen sind nicht in die Anklage eingegangen. Die zuständige Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat sich offenbar festgelegt, in Philipp S. eine Art „Einzeltäter“ zu sehen und den ganzen Fall eher im Bereich der Allgemeinkriminalität anzusiedeln. Ich halte das für eine reine Fiktion. Wie meine Kleine Anfrage (Drucksache 7/2403) zu dem Thema gezeigt hatte, wurden bei S. auch Devotionalien aus der Neonazi-Szene gefunden. Medienrecherchen zufolge untermauern Kontaktdaten und Chatnachrichten diesen Bezug. Der Militärische Abschirmdienst, der den entscheidenden Hinweis gab, hatte S. seit Jahren auf dem Schirm, und zwar als eine sogenannte Verdachtsperson im Bereich des „Rechtsextremismus““. Ich befürchte, dass dieser einschlägige Hintergrund vor Gericht ausgeblendet bleibt, dass Fragen etwa zum paramilitärischen „Nordkreuz“-Netzwerk nicht auftauchen werden.

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