Die Szene der sogenannten Reichsbürger ist in Sachsen offenbar deutlich gewachsen. Das ist das Ergebnis meiner jüngsten Kleinen Anfrage zu diesem Thema (Drucksache 7/8279). Demnach zählte das zuständige Innenministerium zuletzt rund 1.900 „Reichsbürger und Selbstverwalter“.
Höchststand erreicht
Das sind so viele wie noch nie, seitdem vor gut fünf Jahren der „Verfassungsschutz“ damit begonnen hatte, dieses Spektrum zu beobachten. Anfangs lag die amtliche Schätzung noch bei 500 Personen, sie kletterte zwischenzeitlich auf bis zu 1.600. Ende 2020 lag die Zahl bei 1.050.
Dass der Pfeil nun wieder steil nach oben zeigt, könnte daran liegen, dass die Szene offenbar erheblichen Einfluss auf die Corona Proteste hat. Verschwörungserzählungen, wie sie unter Reichsbürgern seit langem propagiert werden, tauchen bereits seit dem Beginn der Pandemie verstärkt in der Öffentlichkeit auf.
Problem auch für die Justiz
Das Problem bestätigen auch weitere Daten, die mir jüngst das Justizministerium vorgelegt hat (Drucksache 7/8573). Demnach bearbeiteten sächsische Staatsanwaltschaften im vergangenen Jahr rund 500 neue Ermittlungsverfahren, bei denen ein Reichsbürger-Bezug angenommen wurde. Zum Vergleich: Für 2020 waren 413 einschlägige Fälle verzeichnet worden, 2019 waren es 422 gewesen.
Zuletzt lag mehr als ein Drittel der Verfahren der Staatsanwaltschaft Chemnitz vor. Die Tatvorwürfe verteilten sich auf rund 70 verschiedene Straftatbestände, von A wie Amtsanmaßung bis W wie Widerstand. Besonders häufig: Nötigungen (58) und Beleidigungen (47). Oft spielen die Taten im Bereich der Allgemeinkriminalität. In der Szene steckt also viel kriminelle Energie.
Polizei-Angaben stehen aus
Für mich steht außer Frage, dass sie eine Gefahr darstellt. Das sehen übrigens auch die Gerichte im Freistaat so. Daher mussten auch 2021 – ähnlich wie in den Vorjahren – dutzende Verhandlungstermine etwa durch zusätzliche Einlasskontrollen speziell abgesichert werden, weil Verfahrensbeteiligte als Reichsbürger galten und Störungen befürchtet wurden.
Keine aktuellen Zahlen gibt es übrigens von der Polizei. Das Landeskriminalamt wird voraussichtlich im Frühjahr eine eigene Statistik vorlegen.