Heute wurde die neue Ausgabe des „Sachsen-Monitor“ vorgelegt. Gut, dass endlich neue repräsentative Daten vorliegen. Sie ermöglichen eine differenzierte Auseinandersetzung mit ernsten gesellschaftlichen Problemlagen – und zeichnen ein nicht immer gutes Bild der sozialen Situation: Eine breite Mehrheit blickt zwar optimistisch auf die eigene Entwicklung. Aber zugleich ist die Wahrnehmung von Ungerechtigkeiten stark ausgeprägt. Die Palette ist breit: Da sind die Schere zwischen Arm und Reich, die Entwicklung von Löhnen und Renten, eine fehlende Anerkennung von Lebensleistungen, ungleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land. Was uns alle alarmieren sollte: Das Vertrauen zwischen den Menschen sinkt – dabei ist es die Grundlage jedes Zusammenhalts.
Überhaupt keinen Anlass zur Entwarnung sehe ich bei der Verbreitung menschenfeindlicher Einstellungen. Unterm Strich sinkt zwar die Zustimmung zu rassistischen Aussagen. Zugleich erweist sich der Antisemitismus ist als ein – leider – stabiles Phänomen, und der Glaube an ein ,Recht des Stärkeren‘ nimmt zu. Mich verwundert das nicht: Mit wechselnden Themen in der öffentlichen Debatte verschieben sich auch Feindbilder, die Abwertung einzelner Gruppen ist in den letzten Jahren immer stärker zu einer pauschalen, aggressiven „System“-Kritik übergegangen.
Genau diese Entwicklung, die wir im Zuge der Corona-Pandemie aus nächster Nähe erleben mussten, kann der Sachsen-Monitor nicht nachzeichnen – denn seine Verstetigung ist misslungen, die letzte Ausgabe liegt bereits vier Jahre zurück. Abzulesen sind nur die bedenklichen Resultate: Der Beirat spricht von einem „relativ festen Sockel“ von 15 Prozent der Menschen in Sachsen, die „verfestigte menschenfeindliche Einstellungen vertreten“, kombiniert mit einer erhöhten Gewaltbereitschaft. Hinzu kommt ein „Graubereich“, der extrem rechte und antidemokratische Haltungen hinnimmt. Unter jungen Erwachsenen hat sich „eine nicht kleine und besonders radikale Minderheit“ herausgebildet. Sie ist nicht isoliert, sondern entspricht dem verbreiteten Wunsch nach einer „starken Führung“. Wohin soll das führen?
Die Stärkung der Demokratie gegen rechts-autoritäre Strömungen – darin sehe ich eine der größten Herausforderungen, vor der die politische Kultur und Bildung im Freistaat jetzt stehen. Immerhin wurde der Sachsen-Monitors einst eingeführt mit dem Ziel, ihn zur Grundlage einer „viel genaueren Demokratiearbeit“ zu machen. Davon ist noch immer nicht viel zu erkennen. Die Fraktion DIE LINKE hatte die Einführung des Sachsen-Monitors bereits 2011 gefordert, er kam erst ein halbes Jahrzehnt später und hat nach wie vor Mängel. Warum wird die Auswertung der Daten keiner versierten akademischen Institution überlassen? Die Staatskanzlei und ein kommerzielles Institut ergeben zusammen kein solides wissenschaftliches Fundament.