In Sachsen darf eine dreistellige Zahl von Neonazis und Reichsbürgern legal über Schusswaffen verfügen. Das ist das Ergebnis meiner neuesten Anfrage zu diesem Thema (Drucksache 7/11939). Demnach waren Mitte 2022 mindestens 105 Personen, die der „rechtsextremistischen Szene“ (93) oder dem Spektrum der „Reichsbürger und Selbstverwalter“ (12) zugerechnet werden, im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis.
Neuere Daten, die ich angefordert hatte, „befinden sich noch in Prüfung“, teilt dazu der zuständige Innenminister Armin Schuster (CDU) mit. Der Grund sind nicht näher bezeichnete „behördliche Abstimmungen“. Aber auch nach vorläufiger Sicht bewegt sich der Freistaat weiter auf dem hohen Niveau der Vorjahre. Zum Vergleich: 2021 war von 118 und 2020 von 106 einschlägigen Personen die Rede.
Gut ist, dass der Kontrolldruck angezogen wird. So wurden im Verlauf des vergangenen Jahres insgesamt 77 Personen, zu denen Hinweise auf Neonazi- oder Reichsbürger-Bezüge vorlagen, auf ihre waffenrechtliche Zuverlässigkeit überprüft. In 36 Fällen führte das zum Entzug bereits erteilter Erlaubnisse und der Abgabe von Waffen. Weitere 15 Personen waren dazu nach einer Anhörung freiwillig bereit. Zudem wurden einige Anträge zur Erteilung neuer Erlaubnisse erfolgreich abgeblockt. Zuletzt betrieben die Waffenbehörden zu 29 Personen eine „weitere Sachverhaltsaufklärung“, wie es bei der Beantwortung einer zusätzlichen Anfrage heißt (Drucksache 7/11940).
Doch eine effektive Entwaffnung der extremen Rechten gelingt unterm Strich trotzdem – und seit Jahren – nicht. Der Grund ist das Landesamt für Verfassungsschutz: Dort vorliegende Erkenntnisse werden an die kommunalen Waffenbehörden „nur teilweise“ weitergeleitet, wie es heißt. Der banale, aber gefährliche Grund: „Geheime“ Erkenntnisse hält man zurück.
Nach aktuellen Daten aus dem Nationalen Waffenregister sind sachsenweit 88.817 waffenrechtliche Erlaubnisse ausgegeben, bei rund einem Viertel davon handelt es sich um den sogenannten Kleinen Waffenschein. Ende 2022 gab es im Freistaat 31.865 private Schusswaffenbesitzer (siehe Drucksache 7/11934).