Im Jahr 2022 wurden in Sachsen rund 2.000 rechtsmotivierte Straftaten begangen. Das zeigt die Auswertung meiner regelmäßigen Kleinen Anfragen (zuletzt: Drucksachen 7/11890 und 7/12354). Demnach summieren sich die monatlich vorgelegten Daten der Polizei auf insgesamt 2.069 Taten – das sind fünf bis sechs Fälle pro Tag.
Die Fallzahlen sind nicht abschließend, sie werden derzeit noch „zwischen dem Landeskriminalamt Sachsen und dem BKA abgestimmt“, teilte das Innenministerium mit (Drucksache 7/12343). Klar ist die Tendenz: Das Aufkommen bewegt sich weiter um die Zweitausender-Marke, einem seit mehr als einem halben Jahrzehnt allzu stabilen Sockel im Freistaat. Zum Vergleich: Für 2021 hatte die offizielle Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 1.878 Straftaten im Bereich der „politisch motivierten Kriminalität – rechts“ ausgewiesen, 2020 waren es 2.117 gewesen.
Zuletzt wurden die meisten Fälle in Dresden (301) und Leipzig (293) registriert, mit einigem Abstand gefolgt von den Landkreisen Zwickau (191) und Bautzen (164). Vergleichsweise gering ist die Zahl in den Landkreisen Görlitz (110), Vogtland (108) und Meißen (99). Berücksichtigt man die Bevölkerungszahl, ist die Fallhäufigkeit allerdings in Nordsachsen (65 Fälle pro 100.000 Personen) und in der Stadt Chemnitz (60) am höchsten. Positiv: Die Lage im Landkreis Leipzig, der in den vergangenen Jahren zu einem klaren „Hotspot“ entwickelt hatte, scheint sich zu entspannen.
Die erfassten Fälle verteilen sich auf rund drei Dutzend Straftatbestände. Etwa 80 Prozent sind sogenannte Propagandadelikte, also verbotene Symbole und Parolen sowie Volksverhetzungen. Dabei werden häufig weitere Straftaten begangen, die nicht gesondert in der Statistik auftauchen. Aufgeführt werden auch mehr als 100 Sachbeschädigungen – sowie 70 teils gefährliche Körperverletzungen. Dabei wurden mindestens 66 Menschen verletzt. Das ist eine deutliche Steigerung gegenüber dem Jahr 2021 mit 47 Verletzten.
Größtes Novum der Statistik: Wohl erstmals in der Geschichte des Freistaats kommen die meisten politisch motivierten Straftaten nicht von rechts – jedenfalls auf dem Papier. So wurden mehr als 3.400 Fälle als „nicht zuzuordnen“ (neuerdings umbenannt in „sonstiges““) bewertet. Gegenüber 2021 (1.752 Taten) hat sich diese Zahl verdoppelt. Der Bereich speist sich vor allem aus rabiaten Corona-Protesten und ihren Ausläufern. Dazu gehören auch Angriffe auf Medienschaffende und auf Polizeikräfte, es gab 44 Verletzte.
Ein genauerer Blick weckt aber Zweifel an der Erfassung. So gelten als „nicht zuzuordnen“ etliche Fälle, die zugleich beispielsweise als islamfeindlich, fremdenfeindlich, ausländerfeindlich oder sogar ausdrücklich rassistisch bewertet werden. Und: Offenbar gehäuft als „nicht zuzuordnen“ verbucht werden Taten gegen Menschen aus der Ukraine.