In Sachsen verfügt immer noch eine dreistellige Zahl von Neonazis und Reichsbürgern legal über Schusswaffen. Das ist das Ergebnis meiner neuesten Anfrage zu diesem Thema (Drucksache 7/8592). Demnach waren im vergangenen Jahr 104 Personen, die der „rechtsextremistischen Szene“ angehören, sowie 14 weitere Personen aus dem Spektrum der „Reichsbürger und Selbstverwalter“ im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis.
Entwaffnung gelingt nicht
Derweil stocken die Versuche, die Szene vom Zugang zu Schusswaffen abzuschneiden. Zwar wurden im Laufe des Jahres 2021 insgesamt 59 Personen auf ihre waffenrechtliche Zuverlässigkeit überprüft, weil einschlägige Hinweise vorlagen – in rund der Hälfte dieser Fälle mit Erfolg, scharfe Waffen wurden eingezogen, teils freiwillig abgegeben. Zudem wurde zuletzt zu 38 Personen eine „weitere Sachverhaltsaufklärung“ betrieben (Drucksache 7/8593).
Trotzdem nimmt die Bewaffnung im Rechtsaußen-Spektrum unterm Strich zu. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 zählte das zuständige Innenministerium insgesamt 106 sächsische „Rechtsextremisten“ und „Reichsbürger“ mit waffenrechtlichen Erlaubnissen.
Verfassungsschutz hält Informationen zurück
Ein Grund für das jüngste Plus von zwölf Personen ist eine seit langem bekannte Kontroll-Lücke: Die kommunalen Waffenbehörden sind bei der Prüfung auf die Zuarbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz angewiesen. Dort hält man aber Erkenntnisse zurück, die „nicht mitgeteilt werden können““, zum Beispiel wegen des Quellenschutzes. Dadurch könnten ausgerechnet Personen, die sich besonders konspirativ verhalten, permanent durchs Raster fallen.
Zuletzt hat die Staatsregierung die Entwaffnung der extremen Rechten als wichtiges Ziel in ihrem „Gesamtkonzept gegen Rechtsextremismus“ festgeschrieben – doch nachhaltige Erfolge stehen aus. Dabei ist das Interesse der Szene ungebrochen. So sind beispielsweise aktuell „zwei Fälle von kampfsportorientierten Rechtsextremisten“ bekannt, die Schießübungen mit halbautomatischen Waffen absolvierten (Drucksache 7/8588).
Gesamtüberblick fehlt
Die Gesamtzahl in Sachsen registrierter Schusswaffen schätzt die Staatsregierung auf „rund 200.000“. Genauere Daten, auch zur Zahl der Besitzerinnen und Besitzer, gibt es ausgerechnet bei diesem sensiblen Thema nicht. Grund sind Umstellungen im Nationalen Waffenregister (Drucksachen 7/8587 und 7/8593). Daher hatte es bereits für 2020 keine exakten Zahlen gegeben.